Hand hoch wer keine Rosinen mag! Vor meinem imaginären Auge sehe ich jetzt ungefähr ein halbes Klassenzimmer mit erhobenen Händen, denn ich habe das Gefühl, dass 50 % der Menschen in meinem Alter keine Rosinen mögen. Es heißt, dass man sich mit dem Älterwerden an vieles gewöhnt. So esse ich mittlerweile Dinge, die ich früher nicht mal angeschaut hätte. Rosenkohl (der Klassiker), Pilze oder auch Käse um mal einige Beispiele zu nennen.
Mit den Rosinen ist das noch so eine Sache. Früher war ich bitter enttäuscht wenn ein bestellter, heiß ersehnter Apfelstrudel zu 80% aus Rosinen bestand oder sich der leckere Kuchen vom Bäcker als Rosinenbombe entpuppt hat. Mittlerweile esse ich die runzeligen Dinger mal ganz gerne, dann aber in Maßen. Ein paar Rosinen am Müsli, einige im Hefebrötchen und ja, auch im Stollen dürfen sich Rosinen verstecken.
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[/one_half][/row_fluid]Moment mal! Was heißt hier „dürfen“ werden sich jetzt Einige fragen. An einen echten Stollen gehören nicht nur ein paar, sondern sogar eine ganze Menge Rosinen. Das stimmt! Und dazu kommen dann noch Massen an kandierten Orangen und Zitronen, ach ja und Rum. Alles Sachen auf die ich nicht wirklich fliege und das ist dann wohl auch der Grund, warum ich als Kind kein großer Freund vom Christstollen war. Und das habe ich ganz ohne psychologische Hilfe herausgefunden.
Meine Beziehung zum Stollen ist nämlich etwas gespalten. Ich mag die Tradition, die dahinter steckt, immerhin wurde der erste Stollen namentlich schon im 14. Jahrhundert erwähnt. Prinzipiell schmeckt mir so ein Stollen ja auch aber ich finde, dass in gängigen Supermärkten oft trockene Vierkanthölzer verkauft werden, welche die Bezeichnung eigentlich gar nicht verdient hätten.
Grund genug meinen eigenen Stollen zu basteln. Aus einem alten Kochbuch diente mir ein noch älteres Stollenrezept als Basis. Ich habe die Rosinenmenge auf ein Minimum reduziert und statt dem kandierten Obst sorgen getrocknete Cranberries für einen leicht säuerlichen Geschmacksausgleich.
Cranberrystollen (ergibt 2 kleine oder einen Monsterstollen, wie ich nach dem Backen erschrocken feststellen musste)
- 500 g Mehl
- 1 Würfel Frischhefe
- 1/2 TL Salz
- 1/2 TL geriebene Orangenschale (Bio)
- 180 ml Milch, lauwarm
- 230 g Butter, sehr weich
- 160 g Zucker
- 100 g Cranberries
- 40 g Rosinen
- etwas Rum
- etwa 30 g Butter zum Bestreichen des Stollens
- Puderzucker
Die Rosinen am Vorabend in soviel Rum einweichen, dass sie gerade bedeckt sind. Über Nacht durchziehen lassen.
Am nächsten Tag das Mehl in eine große Schüssel sieben und in die Mitte eine Kuhle drücken. Die Milch erwärmen bis sie lauwarm ist und die Hefe darin unter Rühren auflösen. Die Hefemilch vorsichtig in die die Mehlkuhle gießen und mit etwas Mehl vom Rand bedecken. Diesen Vorteig nun 45 Minuten gehen lassen.
Salz, Orangenschale, Zucker und Butter dazugeben und mit den Finger verrühren bis keine Mehlklumpen mehr zu erkenne sind. Den Teig nun 3-5 Minuten durchkneten. Abgedeckt etwa 45 Minuten gehen lassen. Ziel ist es, dass der Teig „anspringt“, vor dem Weiterarbeiten sollte eine Volumenvergrößerung sichtbar sein.
Nun das Trockenobst vorsichtig in den Teig einarbeiten bis es gleichmäßig verteilt ist. Hierbei nur ganz vorsichtig kneten, damit die Rosinen nicht zerplatzen und den Teig verfärben. Nochmal abgedeckt gehen lassen bis der Teig wieder deutlich an Volumen zugenommen hat. Bei mir hat es 1,5 Stunden gedauert ist aber abhängig von der Raumtemperatur.
Den Ofen auf 180 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen (Umluft ist hier nicht empfehlenswert). Den Stollen länglich ausrollen (wer will teilt ihn jetzt in zwei Hälften) und eventuell einmal zum Drittel länglich einschlagen (muss aber nicht sein). Den Stollen vorsichtig auf ein mit Backpapier belegtes Blech setzen und etwa 30 Minuten (2 kleine Stollen) bis 40-45 Minuten (Monsterstollen) backen bis die Oberfläche goldbraun leuchtet.
Kurz vor Ende der Backzeit Butter in einem kleinen Topf schmelzen. Der Stollen sollte mit mehreren Schichten Butter bepinselt und dick mit Puderzucker bestreut werden solange er noch heiß ist.
Vor dem Essen den Stollen abkühlen lassen.
Habt einen schönen ersten Advent. Ich verbringe ihn an der Ostsee!